Jobbik fordert EU-Abgeordneten der FDP zum Rücktritt auf
Ein reißerischer Titel, eigentlich ist es nur ein Sturm im Wasserglas:
Zwei EU-Abgeordnete der FDP lachen während eines Redebeitrags der ultrarechten ungarischen Jobbik-Abgeordneten Krisztina Morvai im EU-Parlament (siehe mein Post). Morvai ist stinksauer und mobilisiert zu Hause einen erbosten Online-Mob, um die beiden Übeltäter mit Protestmails zu beschicken.
Die eine, Nadja Hirsch, Stadträtin in München, entschuldigt sich prompt, oder zumindest hat sie bisher nicht dementiert. Der andere, Alexander Alvaro, schweigt. Laut einer Erklärung auf Krisztina Morvais Website will Jobbik ihn jetzt deswegen zum Rücktritt auffordern.
Die Episode ist ein schönes Beispiel dafür, dass Jobbiks Aktivitäten im EU-Parlament in erster Linie auf den heimischen Wahlkampf ausgerichtet sind (noch sind sie nicht im ungarischen Parlament vertreten, aber laut Umfragen werden sie bei den Parlamentswahlen im nächsten Jahr drittstärkste Partei):
- Sie präsentieren sich ihren Wählern als kühne Streiter für ungarische Interessen, furchtlos angesichts einer internationalen Übermacht (sie haben drei Abgeordnete im EU-Parlament)
- Sie können einem politischen Gegner, den ungarischen Liberalen, eins auf die Mütze geben: Das Jobbik-nahe ultrarechte Portal Kuruc über Nadja Hirsch: „Kleiner Sieg – Deutsche (?) Liberale entschuldigt sich (…) Wann werden die ungarischen Liberalen um Entschuldigung bitten für all die Beleidigungen und Lügen der letzten zwanzig (?) Jahre?“
- Sie halten ihre Onlinegemeinde mit Protestaktionen bei Laune (wie z.B. auch bei der Protestaktion gegen die Unterschriftenliste „Nicht in meinem Namen“, s. mein Post).
- Indem sie in kurzer Zeit große Unterstützung im Internet mobilisieren, demonstrieren sie Stärke.
Dass Jobbik sich mit solchen Aktionen im Ausland komplett lächerlich machen, kann ihnen ziemlich egal sein – ihre ungarischen Wähler sind begeistert.
Quelle:
Erklärung vom 7.9.2009 auf Krisztina Morvais Website, im Wortlaut hier.
(Dem Stil nach vermutlich von ihr selbst geschrieben, Übersetzung Pusztaranger):
Liberale Entschuldigung bei Krisztina Morvai und den Opfern des Polizeiterrors
Die deutsche liberale EU-Abgeordnete Nadja Hirsch (FDP) hat Krisztina Morvai (Jobbik) und die Opfer des seit Herbst 2006 anhaltenden Polizeiterrors öffentlich um Entschuldigung gebeten, des Weiteren jeden Ungarn, der sich durch ihr unwürdiges Verhalten auf der Sitzung des Menschenrechtsausschusses des Europäischen Parlaments letzte Woche verletzt fühlt.
Die deutsche Abgeordnete und ihr Fraktionskollege, Alexander Alvaro, lachten hämisch, während Krisztina Morvai die Aufmerksamkeit des Ausschusses auf die Krise der Menschenrechte in Ungarn und die Polizeibrutalität aufrief, die auf politischen Auftrag hin verübt wird. Schon während ihrer Rede sprach die Jobbik-Abgeordnete das Verhalten der beiden liberalen Abgeordneten an, doch eine Reaktion ihrerseits blieb aus.
Später startete Krisztina Morvai bei JobbikTV (Jobbiks Videonews im Netz, Anm.d.Ü.) einen Aufruf an die Zivilgesellschaft. Jeder, der sich verletzt fühlte, sollte seine Empörung in einer Email zum Ausdruck bringen. Auf die Wirkung der vermutlich mehreren Hundert zivilen Protestmails bat Nadja Hirsch schon innerhalb weniger Stunden in einem im Internet veröffentlichten Brief um Entschuldigung für ihr Verhalten, das ihrer Ansicht nach „nicht korrekt“ war.
„Ich möchte, dass Du (sic) weißt , dass ich NICHT über Deinen Redebeitrag gelacht habe“ – schreibt Nadja Hirsch – „Es tut mir sehr leid, wenn es so wirkte, oder wenn ich Dich oder das ungarische Volk (magyar emberek, Hungarian people – das nur mit „die Ungarn“ zu übersetzen trifft es hier nicht ganz) beleidigt habe. Ich kenne Deinen Kampf für die Menschenrechte, und halte ihn für sehr wichtig. Darum tut es mir besonders leid, und hoffe, dass du meine Entschuldigung akzeptieren kannst.“
Krisztina Morvai hat sich bislang noch nicht darüber geäußert, ob sie die Entschuldigung der deutschen Abgeordneten so einfach annimmt (lies: ob Hirsch so einfach mit einer Entschuldigung davonkommt), oder ob sie weitere Schritte von ihr erwartet.
Eins ist sicher: Die Jobbik-Abgeordnete hat mit Hilfe der ungarischen Menschen (da ist es wieder, magyar emberek – ungarische Menschen – Ungarn mit völkischem Beigeschmack) wieder einmal bewiesen, dass wir von niemandem dulden, dass er unsere ungarischen Angelegenheiten verspottet, und uns entschieden für die nationalen Werte und den Schutz der ungarischen Menschen stark machen.
Jobbik wartet noch auf die Reaktion von Alexander Alvaro (hier folgt seine Mailadresse ), den sie wegen seines bisherigen Schweigens zum Rücktritt auffordern.
Der dürfte eben aus der Sache mit seiner Kollegin gelernt und seinen Spamfilter aktualisiert haben.
Wos, Alta? Habter auch Nasis in Ungarn?
Schaise Pack echt uberall … wie Pest am Arsch.
jau Alta, so isses.