Londoner Palästinenserkonferenz hat Morvai ausgeladen
Die ultrarechte Partei Jobbik symphatisiert mit den Palästinensern, weil sie direkte Parallelen zur Situation der patriotischen Ungarn im eigenen Land sehen – die MSZP-Regierung („judeobolschewistische Diktatur“) will „das ungarische Volk“ zu „Palästinensern im eigenen Land“ machen, wogegen es tapfer zu kämpfen gilt. So erscheinen Jobbik-PolitikerInnen bei öffentlichen Auftritten gern im Palästinensertuch, und manchmal hat EU-Abgeordnete Krisztina Morvai auch eine Steinschleuder dabei, von der sie erzählt, daß eine Palästinenserin sie ihr geschenkt habe: „Die israelische Armee bekämpft uns seit Jahrzehnten, und wir haben nur das, um uns zu verteidigen, aber wir geben nicht auf.“
Bild: 168ora.hu
( Hier kann man sie im März 2009 vor dem Parlament in Aktion erleben („Vaterlandsverräter!“), inklusive Stinkefinger für die Regierung.)
Für Dezember war Morvai als Rednerin zu einer Konferenz des Palestinian Return Centre (PRC) in London eingeladen. Nach Protesten von anderen Teilnehmern (englischen Parlamentariern, aber auch dem Vizevorstand des Muslim Council of Britain!) wurde sie jetzt wieder ausgeladen – nachzulesen heute im Observer.
Das ist meines Wissens der erste große Dämpfer für Jobbik im Ausland.
Der Artikel wurde von den ungarischen Medien des linken/liberalen Spektrums sofort aufgegriffen (Népszabadság, 168ora, Origo, Stop); auf den rechten und ultrarechten Portalen, die sonst sehr schnell reagieren, findet sich bisher noch nichts dazu.
Ich bin mal gespannt, wie Morvai diese Schlappe ihrer Wählerbasis erklärt – aber eigentlich kann man sich schon denken wie. Der erste Leserkommentar bei der Népszabadság dazu:
basatu | 2009. november 15. | 09:52:04
Dieser Artikel ist etwas unvollständig. Im Hintergrund wird Morvai von den entarteten Liberalen („libsi“, pejorativ) gezielt torpediert. Den Palästinenserorganisationen wurde sogar gedroht, daß ihnen die finanzielle Unterstützung entzogen wird. Somit ist das ein Fall von schlichter Erpressung, aber das sind wir von den Liberalen ja gewohnt, genauso wie das Lügen und Stehlen.
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Edit 16.11.: Hungarian Spectrum dazu, ausführlicher.
Update 21.11.:
Bisher hat Morvai die Sache auf ihrer Website nicht einmal erwähnt. Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen drauf angesprochen, meinte sie nur, als EU-Abgeordnete in der Delegation für die Beziehungen zum Palästinensischen Legislativrat würde sie ständig auf Konferenzen eingeladen, wo sie zur Situation der Palästinenser referiert.