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Regierung finanziert Anti-Abtreibungskampagne aus EU-Topf für Chancengleichheit

13. Mai 2011

In der neuen ungarischen Verfassung wird der Schutz des Fötus von Empfängnis an festgeschrieben, eine Formulierung, die sonst in keiner europäischen Verfassung zu finden ist. Frauengruppen befürchten, dass es nach dem Inkrafttreten der Verfassung im Jänner 2012 zu massiven Einschränkungen bei den Abtreibungsgesetzen des Landes kommen wird. Bis dato galt die Gesetzgebung in Ungarn hinsichtlich reproduktiver Rechte als vorbildlich in Europa. (…)
In Ungarn gibt es eine starke Anti-Abtreibungs-Bewegung, die sich um die Bündnis-Partei von Fidesz, der Christ-Demokraten (KDNP) formiert. Die rechtsradikale Partei Jobbik hat auf dem parlamentarischen Weg bereits versucht, unser Abtreibungsrecht zu verändern, aber sie kamen damit nicht durch. Von regierungsnahen Politikern hieß es dann, dass die Zeit nicht dafür reif sei. Im Jänner 2012 tritt nun diese neue Verfassung in Kraft. (…)
Derzeit ist die Lage außerdem so, dass die ungarische Bevölkerung keine Verschärfung des Abtreibungsrechtes wünscht. 72 Prozent sagten bei der letzten repräsentativen Umfrage vom Februar 2011, dass sie gegen eine Änderung beim Abtreibungsgesetz sind. Paradoxerweise haben sie sich in der gleichen Umfrage für den Schutz des Fötus in der Verfassung ausgesprochen.
(Die Standard)

Was tut man als nationalpopulistische Regierung, die sich aus dem „Volkswillen“ legitimiert, in so einer Zwickmühle?
Eine Medienkampagne starten:

Die ungarische Regierung hält ein Abtreibungsverbot (noch) nicht für durchsetzbar, darum fährt sie eine Medienkampagne, die als Alternative nahelegt, das Kind auszutragen und zur Adoption freizugeben. Aufklärung und Verhütung? Fehlanzeige. Man befürchtet ja, daß die Nation ausstirbt, und der Papst ist auch dagegen. Bei den staatlichen Fernsehnachrichten heißt es:

Die Regierung hat eine Kampagne für Adoption gestartet, damit auch ungeplante Kinder eine Lebenschance bekommen. Die Regierung will Abtreibung nicht verbieten, sondern auf den Schutz des Lebens aufmerksam machen. Miklós Soltész, Staatsminister für Soziale Angelegenheiten beim Ministerium für Nationale Ressourcen, betonte: Das Land braucht jedes Leben, jedes Kind ist ein Schatz. (Hirado.hu)

Man erinnere sich: Im März bezeichnete Staatspräsident Pál Schmitt  die „Körper der Mädchen“ als „wichtige biologische Ressource  für die Nation“.

Inzwischen hängen die Plakate:


(Quelle: Institut für Nationale Familien- und Sozialpolitik)

Der Plakattext:

„(Ich kann ja verstehen, wenn du noch nicht bereit für mich bist…)
…ABER GIB MICH LIEBER ZUR ADOPTION FREI,
LASS MICH LEBEN!
In Ungarn fallen jedes Jahr Tausende von Kindern der Abtreibung zum Opfer (sic).
In Ungarn warten 1500 Personen auf ein Adoptivkind.“
Darunter steht der Slogan des Programms für Chancengleichheit und Vereinbarkeit von Familie und Beruf; und ganz unten steht, daß die Kampagne vom EU-Progress-Programm gefördert wird.

PROGRESS has a global budget of € 743,25 million for seven years (2007-2013). The EU will use this budget to act as a catalyst for change and modernisation in five areas:

  •     Employment
  •     Social inclusion and protection
  •     Working conditions
  •     Non-discrimination
  •     Gender equality

Daneben das EU-Logo und das Logo der EC-Kampagne „For Diversity Against Discrimination“:

(siehe EC equalitynews-Facebook-Gruppe)

So wirkt das Ganze von der EU legitimiert.

*

Im Netz wird diese Kampagne diskutiert, es  findet sich unter anderem dieser visuelle Kommentar:


Zsolt Semjén, der Vorsitzende der Christ-Demokraten (KDNP)

*

Siehe auch:
European Pro-Choice Network: Hungary’s Government to Launch Anti-Abortion Campaign

Update 15.5.2011: Pester Lloyd: Antiabtreibungskampagne:Sprechender Fötus” beleidigt Frauen in Ungarn

16.5.: Stoppt die Rechten: Ungarn: Kampagne gegen Schwangerschaftsabbruch mit EU-Mitteln

3 Kommentare leave one →
  1. Harald permalink
    17. Mai 2011 15:55

    Endlich eine europäische Regierung, die sich für die Ungeborenen einsetzt, wenn auch vorerst nur über eine Plakatkampagne.

Trackbacks

  1. Stoppt die Rechten » Ungarn: Kampagne gegen Schwangerschaftsabbruch mit EU-Mitteln

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