Frequenz des letzten linksliberalen Radiosenders von Strohfirma aufgekauft?
Dass Ungarns letztem linksliberalen Radiosender Klubrádió vom Medienrat die Frequenz entzogen wurde (es bleiben das freie Tilos Rádió und die zivilen lokalen bzw. Internetradios), schlägt auch im Ausland Wellen, siehe Linksammlung unten. Interessant ist allerdings auch, wer den Zuschlag für die Frequenz gewonnen hat – allem Anschein nach eine Strohfirma.
Karola Kiricsi, die Sprecherin des Medienrates, betonte auf der fünfminütigen Pressekonferenz zum Thema, auf der keine Fragen zugelassen waren (hier auf NolTV), „subjektiv“ habe der Medienrat dem Klubrádió eine hohe Punktzahl gegeben, doch letztlich hätten „objektive“ Gesichtspunkte den Ausschlag gegeben – das von den Gewinnern gebotene Lizenzentgelt hätte um 30-40 Prozent höher gelegen als der Minimalpreis.
(Bild: hvg)
Soll heißen, nichts für ungut, hier ging es nicht um Inhalte, es wurde nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten entschieden. (Zur Fidesz-Kampagne gegen das „unwirtschaftliche“ Klubrádió s.u. Hungarian Spectrum.)
Wie hoch genau die von den Gewinnern gebotene Summe war, wurde vom Medienrat nicht bekannt gegeben, aber der Minimalpreis geht aus der Ausschreibung hervor. Für die bislang von Klubrádió belegte Frequenz 95,3 MHz, mit der 1,8 Mio. Hörer erreicht werden können, betrug er bislang netto 52,9 Mio. HUF pro Jahr (ca. 173.400 EUR). (Gepnarancs)
Demnach dürfte das Gebot von Lizenzgewinner Autórádió GmbH ca. 242.760 EUR betragen.
Das offizielle Stammkapital der Autórádió GmbH beträgt 1 Mio HUF (ca. 3700 EUR).
Eine der Eigentümerinnen von Autórádió GmbH arbeitet als Moderatorin für diverse Lokalsender, unter anderem mit einer Kochsendung; ansonsten sind Eigentümerinnen und Geschäftsführer in der ungarischen Radioszene völlig unbekannt.
Die GmbH Autórádió Műsorszolgáltató Kft wurde im Januar 2011 mit einem Stammkapital von 1 Mio HUF (ca. 3700 EUR) gegründet. Haupteigentümerin ist die in Dunakeszi gemeldete Hajnalka Tamás, Minderheitseigentümerin Nóra Szerémi aus Nyíregyháza. Geschäftsführer ist der an über 16 ungarischen Firmen beteiligte Lajos Mészáros aus Budaörs, von denen laut NOL einige in Konkurs gingen. Eigentümer der Firma war bis Juli 2011 die im November 2010 gegründete und auf dieselbe Adresse eingetragene GmbH Alagút Média Kft. Geschäftsführer dieser Firma ist ebenfalls Mészáros, Teileigentümer eine Firma aus Warschau. Außerdem ist Mészáros Geschäftsführer der GmbH InterCash Consulting. Dies wurde (…) 2010 von der ungarischen Wettbewerbsbehörde wegen Irreführung der Verbraucher und unehrlichen Geschäftspraktiken verwarnt. (…) (Gepnarancs)
Die Wohnadresse von Haupteigentümerin Hajnalka Tamás in Dunakeszi ist zudem Sitz einer 2010 gegründeten GmbH,einer Kleinhandelsfirma für u.A. Möbel und Teppiche, die aber auch PCs, Software, Audio- und Videoanlagen vertreibt. Als Stammkapital sind 500 000 HUF (ca. 1800 EUR) eingetragen. (NOL)
Die Népszabadság hat versucht, mit den Eigentümerinnen der Autorádió GmbH zu sprechen:
Die Geschichte der Firma, die Klubrádió besiegt hat, hat viele weiße Flecken
(…)
Ein Reporter der Népszabadság suchte den Firmensitz von Autórádió Kft. im zweiten Stock eines Bürogebäudes in der Bécsi út auf. In dem Büro von etwa 150 Quadratmetern arbeiten einzelne Rechtsanwälte, an der Eingangstür hängt ein A4-Blatt mit über 20 Firmennamen. Außerdem befindet sich in diesem Büro die Konsularvertretung von Uruguay.
Wir hätten gerne erfahren, wer Nóra Szerémi ist, darum suchte unser Korrespondent ihre Wohnadresse in Nyíregyháza auf.
– Guten Tag, ich suche Nóra Szerémi.
– Ist nicht zu Hause.
–Wann kommt sie denn?
– Weiß ich nicht.
– Kommt sie heute nach Hause?
– Nein.
– Wann dann?
– Weiß ich nicht.
– Könnten Sie mir sagen, wie ich sie erreichen kann? …
Damit ist das Gespräch über die Sprechanlage an Nóra Szerémis offizieller Wohnadresse, der Szalag utca 11 in Nyíregyháza, beendet. Laut Bekannten von Nóra Szerémi lebt sie in Budapest, ist aber nach wie vor in Nyíregyháza gemeldet. Die Szalag utca liegt in einer (…) etwas heruntergekommenen Plattenbausiedlung, das Treppenhaus der Szalag utca 11 ist vernachlässigt und schmutzig. In den Müllcontainern am Eingang wühlen Obdachlose. (…) Mit wem wir geredet haben, konnten wir nicht in Erfahrung bringen. Das Familienmitglied hat sich nicht vorgestellt, und wie aus obigem Dialog hervorgeht, will er/sie nicht länger über die dort angemeldete Radiomoderatorin reden.
(Briefkasten in Nyíregyháza, NOL)
Laut ihrer Kollegen in Nyíregyháza begann Nóra Szerémi ihre Laufbahn beim dortigen Lokalsender Sunshine Rádió als (…) Anzeigenverkäuferin, später als Moderatorin. Später zog sie nach Budapest und fand eine Stelle bei Record Express, parallel dazu arbeitete sie bei einem Lokalsender in Gödöllő.
Danach wurde sie vom Inforádió eingestellt, aber vor drei Jahren zog sie zurück nach Nyíregyháza, wo sie Moderatorin bei Sunshine Rádió war. (…) Später zog sie wieder in die Hauptstadt, wo sie seither lebt. Nebenher arbeitet sie regelmäßig für den Lokalsender Vár FM Rádió in Kisvárda, wo sie eine Kolumne für Kochrezepte hat. (…)
Mit der anderen Eigentümerin von Autórádió Műsorszolgáltató Kft. hatten wir auch nicht mehr Glück. Sie wohnt seit drei Jahren in einem hübschen neuen Mehrfamilienhaus in der Mansfeld Péter utca 19 in Dunakeszi. Dass auf der Klingelanlage „Tomash Kalman, Tomash Haynalko“ steht, irritiert ein wenig. Auf dem Briefkasten im Treppenhaus stehen die Namen der Familie Tamás auf Ungarisch; dort hat auch die Firma Zahid Global Trans Kft. ihren Sitz.(…) An der Wohnungstür im zweiten Stock steht nur noch der Firmenname. (…) Niemand öffnet. (…)
(Klingelanlage in Dunakeszi, NOL)
*
Die Kampagne gegen das Klubrádió kompakt zusammengefaßt:
Hungarian Spectrum: Media freedom in Hungary? The case of Klubrádió
(…) Shortly before the elections Klubrádió applied for a frequency that had just become available. Surely, they were thinking ahead. After the elections when their use of 95.3MHz was coming to an end, they might have difficulty renewing their license under the Orbán government. They won the competition but because of the opposition of Fidesz members on the board their license for the new frequency was „tabled.“ The board refused to sign the contract under the pretext that one radio station cannot broadcast on two different frequencies. In vain did the owner, András Arató, explain that naturally they will not broadcast on two different frequencies. They will relinquish 95.3 if they can have the newly won frequency. At the moment the case involving the ownership of this new frequency is before the court.
Then slowly but surely the campaign began to make Klubrádió’s life impossible. In February 2010 Klubrádió’s license expired, requiring the station to enter into a new competition for the same frequency. The tender for 95.3MHz was now explicitly for a „music radio station that presents some local information and values,“ with maximum points being granted to stations with over 60 percent music and 25 percent local news content. Clearly, the Media Authority didn’t have KlubRádió in mind on this frequency. After all, Klubrádió’s programming consists of about 75 percent speech on matters of national politics. The tender was also ridiculous because most of the radio stations in Budapest currently broadcast music. So, why another one? We know why. So that Klubrádió wouldn’t be able to win the tender.
Meanwhile, the Media Authority extended Klubrádió’s license for only three months at a time. Thus the radio station couldn’t assure its advertisers that it would be on the air for more than a couple of months and advertisers usually commit themselves for a year. Klubrádió became so financially strapped that eventually they decided to start a fundraising campaign similar to the ones National Public Radio listeners are familiar with in this country. It was a novelty in Hungary and many people doubted whether Klubrádió would succeed in this endeavor, but Klubrádió has fiercely loyal listeners. Thousands and thousands of people „bought“ twelve minutes of programming time for 12,000 forints. (…)
*
Presseschau:
Spiegel: Pressefreiheit in Ungarn – Einziges Oppositionsradio wird eingestellt
Reporters Without Borders: Media Council deals serious blow to broadcasting pluralism
Reporter ohne Grenzen: Ungarn: Medienaufsichtsbehörde NMHH entzieht oppositionellem Radiosender die Frequenz
Deutschlandradio Wissen: Ungarn Oppositions-Radio ohne Stimme
taz: Oppositionssender in Ungarn abgeschaltet – Musik statt Kritik
NDR: Macht durch unkontrollierte Mehrheit
Bloomberg: Hungarian Watchdog Takes Away Frequency From Opposition Radio
Tagesthemen: Wachsender Protest gegen Ungarns Medienrat. Manipuliertes Fernsehen – abgeschaltetes Radio
Politics.hu: Closure of opposition radio station Klubrádió by Media Council draws protest from OSCE
Woher weiß ich, dass Ihre Bilder tatsächlich die Adresse des neuen Senders abbilden ?
Beweisen Sie es- ich kann auch irgendwelche Briefkästen pholographieren und sagen… da wohnen die Kalmans.
Es ist der Hass, der Sie verrät… der „Stürmer“ lässt grüssen.
Besten Dank, aber die Fotos sind nicht von mir, sondern aus dem Artikel der Népszabadság, hier nochmal der Link für die ganz Langsamen.
es ist die ignoranz, die sie verrät:)
habe mit großem amusement ihren dürftigen blog gelesen, besonders lustig ihr protestschreiben an alle in deutschland wirkenden medien.
irgendwie süß, irrsinnig unbedaft,sträflich naiv und sehr einseitig.
allein schon das „interessante roma-intergrationsprogramm“ zu loben, entlarvt sie als wenig informierter geselle.
den pusztaranger-blog mit dem „stürmer“ zu vergleichen ist hirnlicherseits eher auf der karg seite.
sie sollten sich besser an einem schlumpf-blog versuchen, das leben in schlumpfhausen ist nicht gar so komplex und etwas leichter zu erfassen.
@ Anat Kalman
Sind Sie die Journalistin welche Ihren Artikel/Sendung nicht veröffentlichen durfte?
http://hungarianvoice.wordpress.com/2011/12/27/deutsche-medienrealitat-von-einem-ungarn-bericht-der-nie-gesendet-wurde/
Wenn ja, denken Sie genau darüber nach, warum.
Frau Kalman denkt nicht gern, ich kann jedem nur empfehlen ihren Protestbrief zu lesen.
http://belanat.canalblog.com/archives/2011/12/26/23047392.html
Aber auch folgendes ist ein erstaunlicher Kommentar einer, wie sie sich nennt, „Ungarnkennerin“ :
Auf ihrer Facebookseite hat sie Pusztarangers Beitrag “ Nachrichtenmanipulation in den staatlichen Medien: Journalisten packen aus – Hungerstreik“ verlinkt mit folgendem Kommentar:
Was man im Ausland nicht weiß. Dass die Medien bis 2010 einzig in den Händen der Reformkommunisten waren, dass Orban nun auf die dümmste Weise dies zu ändern versuch, dass es dabei aber nicht um die Errichtung einer FIDESZ Hegemonie geht, sondern um das, was Europa in den anderen Ländern bereits etabliert hat: Um Pluralismus. Denn in Ungarn herrscht kein Faschismus – Jobbik ist genauso virulent wie die NPD in Deutschland – sondern der Kampf der Eliten. Den Helden, die jetzt in Hungerstreik treten, war es bis 2010 vollkommen egal, dass Andersdenkende/ Konservative keinen Zugang zu staatlichen Medien hatten. Die Konservativen hatten ihr nur über Kabel zu erreichendes Hir-TV, anderswo wurden sie als Faschisten (im stalinistischen Sinne) verunglimpft.
Eien Sendung, die das ausführlich bearbeitete, durfte nicht ausgestrahlt werden -und zwar in einem öffentlich rechtlichen Sender in Deutschland. Die Redakteure hatten Angst – nicht vor Orban, sondern vor seinen Kritikern.
Lassen wir’s mal gut sein mit Frau Kalman, die ist bei Hungarian Voice bestens aufgehoben.
Das Demokratie-Geschrei in der EU ist so etwas Verlogenes.
Da schau her, autoradio bot seine Frequenz Klubradio zum Verkauf an – für 200 Millionen.
http://index.hu/kultur/media/2012/01/25/maris_eladnak_a_klub_radio_frekvenciajat/