Jobbik verbrennt EU-Fahne, Vona: „Viehpeitsche für Barroso“
Jobbik fordert ein Referendum über den Austritt Ungarns aus der EU. „Ungarn muss aus dieser Union austreten“, sagte Parteichef Gábor Vona gestern bei einer Kundgebung vor der EU-Vertretung in Budapest vor rund 3000 Anhängern. Die Drohung der EU, wegen umstrittener Gesetzesänderungen der Regierung mit rechtlichen Schritten gegen Ungarn vorzugehen, bezeichnete Vona als „Kriegserklärung“. Am Ende der Kundgebung verbrannten Jobbik-Mitglieder auf der Bühne eine Flagge der Europäischen Union. (Welt)
Der Demonstration hatten sich auch die diversen paramilitärischen Gruppierungen angeschlossen, so die „Neue Ungarische Garde“, die „Ungarische Nationalgarde“, die „Ungarische Nationale Front“ und die „Bewegung Wächter der Karpatenheimat“ (Barikád.hu).
(Foto: Facebook)
Der Jobbik-EU-Abgeordnete Csanád Szegedi sagte, beim EU-Beitritt „hat man uns ein Kanaan versprochen, aber aus dem Kanaan kommen nur die Einwanderer“ (lies: Israel will Ungarn kolonisieren). Außerdem solle die EU sich mit einer Strategie für die Magyaren beschäftigen, statt ihnen eine Romastrategie anzubieten. (Barikád)
Die ungarische Nachrichtenagentur MTI zitiert Jobbik-Parteichef Gábor Vona mit dem Satz:
„Seit 1919 wissen wir: Wenn die nationale Seite die Straße aus den Händen gibt, wird daraus Terror.“ (MTI/MNO)
Klare ikonographische Bezüge: 1919 kam der Hammer von links, heute von rechts gegen den „roten Terror“ der EU. (1911 ursprünglich als Reklameplakat der linken Zeitung Népszava entstanden, wurde der rote Mann mit dem Hammer 1919 zum Emblem der Räterepublik, s. artportal.)
Vona kündigte die Präsenz von Jobbik bei zukünftigen öffentlichen Veranstaltungen der demokratischen Opposition („wir dürfen die Straße nicht den liberalen Horden überlassen“) und der Sozialisten an („bei ihren Demonstrationen werden wir in Zukunft auch sein“). Vonas Botschaft an den Präsidenten der Europäischen Kommission Barroso:
„Wenn er einen Fuß in dieses Land setzt, drehen wir ihm die große Nase (Anm.: antisemitischer Code) herum und vertreiben ihn mit der Viehpeitsche!“ (barikad)
(Die traditionelle ungarische Viehpeitsche ist beliebt bei den Rechtsextremen; 2010 empfing der Jobbik-Abgeordnete György Gyula Zagyva damit Journalisten, siehe Post vom 13.8.2010; hier im März 2011 in Gyöngyöspata.)
Zum Abschluß verbrannten die beiden Jobbik-Vizevorsitzenden und Abgeordnetenkollegen Elöd Novák und Levente Murányi („Freiheitskämpfer von 1956“) unter Applaus des EU-Abgeordneten Szegedi in symbolischen Bezug auf 1956 eine EU-Fahne, Novák half mit einem Spray nach. (Publikum: „Zünden wir sie an!“, „EU verrecke!“, hier im Video).
Das Budapester Polizeipräsidium erstattet „Anzeige gegen zwei Personen wegen begründetem Verdacht auf Landfriedensbruch“. (hvg)
Als Abgeordnete des ungarischen Parlaments haben Novák und Murányi Abgeordnetenimmunität.
Auf Anfrage der Népszabadság erklärte der Jobbik-EU-Abgeordnete Szegedi heute per SMS, die Partei habe nicht vor, ihre drei Abgeordneten aus dem EU-Parlament zurückzurufen, sie seien dort als „innere Opposition“ präsent (nol.hu).
Fotos: MTI, von gépnarancs.hu
Links:
Pester Lloyd: Ungarischer Europaabgeordneter verbrennt Europafahne, Euronews: Ungarn: Jobbik-Partei setzt Europa-Fahne in Brand; Video NOL-TV, Video Index, Fotogalerie Népszava
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Die ungarische Solidaritätsbewegung hat eine Briefaktion an Barroso gestartet: „Ich denke, dass mein Land in die EU gehört, und bitte Sie, mich in Zukunft unter allen Umständen als Bürger der EU zu betrachten.“ Der Musterbrief hier.
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