Fidesz reserviert die Innenstadt: Keine Oppositionsdemos am Nationalfeiertag
Die Anmeldung der für den Nationalfeiertag am 15. März angekündigten Großveranstaltung von „Einer Million für die Pressefreiheit“ (mit Wahl eines alternativen Staatspräsidenten) wurde von der Polizei abgewiesen, da die Hauptstadt die Elisabethenbrücke für eine ganztätige Veranstaltung reserviert hat. (nemtetszikarendszer)
Tatsächlich hat die Regierung für den 15. März alle größeren Plätze in Budapest offiziell für sich reserviert und so sämtliche Demonstrationen der Opposition unmöglich gemacht. Das Justizministerium will außerdem alle für Großveranstaltungen geeigneten Orte in der Innenstadt für zwei Jahre im Voraus reservieren, siehe Népszabadság, vgl. auch Pester Lloyd: Behörden in Ungarn behindern Demoanmeldungen für Feiertag.
Blau von der Hauptstadt, rot von der Regierung reserviert. (NOL)
Noch konkreter im Folgenden veranschaulicht.
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Blog Örülünk, Vincent? : Fidesz und die Versammlungsfreiheit, 18.1.2012. (Übersetzung Éva Zador, PR dankt.)
Während der Ministerpräsident im Europaparlament glücklicherweise nur über technische Dinge in Verfassungsfragen diskutieren muss, bekommen wir hier zu Hause eine Kostprobe von der praktischen Anwendung der Verfassungsrechte.
Die Regierung hat für den Nationalfeiertag am 15. März ihren Bedarf an einigen kleineren Gebieten der Innenstadt für ihre eigenen Veranstaltungen angemeldet.
Die Hauptstadt hat ihren Bedarf für einige weitere Gebiete angemeldet.
Auf bestimmten Straßenabschnitten kann man deswegen keine Veranstaltung durchführen, weil der Verkehr – unter Beachtung der bereits belegten Gebiete – auf anderen Strecken nicht zu gewährleisten wäre.
Und es gibt einige Gebiete, wo man nicht demonstrieren kann, weil es nicht genügend Platz gibt, und die Donau ist eben zu kalt.
Sehen Sie diesen kleinen weißen Fleck am Pester Brückenkopf der Szabadság-Brücke? Na, dort können sie demonstrieren, die etwa fünftausend Leute, die dahin passen.
Und das gilt für die kommenden zwei Jahre.
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Zur Vorgeschichte auf diesem Blog:
- Großdemonstration: Staatsfernsehen läßt 100.000 Leute verschwinden, 3. Januar 2012
- Ein Problem mit dem System? – Protest! (Großdemo am 23.10.2011) 20. Oktober 2011
- D-Day: Massendemonstrationen gegen die Regierung, 1. Oktober 2011
lieber pusztaranger!
alternativer staatspräsident, nicht ministerpräsident. 😉
clemens
Danke. Ein echter Freudscher. 😀
Hier hilft wohl nur noch ziviler Ungehorsam. Oder 100.000 Ungarn planen einfach für den Nationalfeiertag einen Ausflug ins Grüne. Mitte März blühen doch im Arboretum in Alcsútdoboz schon die Schneeglöckchen? Viktor, wir wissen wo dein Häuschen steht…
n der heutigen FAZ gefunden:
Berlin wirft Orbán Provokation vor
sat. BERLIN, 19. Januar. Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, hat sich verärgert über den den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán geäußert. Der FDP-Politiker nannte dessen Interview in der Bild“-Zeitung, am Donnerstagb eine „pure Provokation“l
Löning sagte, Orbán erwecke den Eindruck, als ob er sich nicht den Argumenten der EU, sondern nur der Macht Brüssels beuge. Dabei sei die Entwicklung in Bundapest „unter demokratischen Gesichtspunkten zumindest bedenklich, sagte Löning, der Ungarn zu Wochenbeginn besucht hatte.
Nachdem die EU-Kommission wegen strittiger Gesetzänderungen mehrere Vertragsverletzungsverfahren gegen das Land eingeleitet hatte, signalisierte Orbán zwar seine Bereitschaft, die beanstandeten Gesetze zu korrigieren, sagte aber auch, er werde sich „dem Willen der internationalen Linken“ nicht unterwerfen, und bedauerte, dass es in Europa soweit gekommen sei.
Löning bekräftigte, die Regierung in Budapest müsse sehr verantwortungsvoll mit ihrer Zweidrittelmehrheit im Parlament umgehen und die Medienfreiheit sowie die Unabhänglgkeit der Justiz sicherstellen.
Nach Medienberichten will die ungarische Regierung oppositionelle Demonstrationen in der Budapester Innenstadt verhindern. Für den 15. März, einen Staatsfeiertag, hätten die Behörden für alle Gebiete der Budapester Innenstadt, die sich für Großkundgebungen eignen, sogenannte Platzreservierungen angemeldet. Oppositionsgruppen könnten somit für den 15. März gar keine eigenen Kundgebungen mehr anmelden.
http://www.bild.de/politik/ausland/viktor-orban/interview-sind-sie-ein-schlechter-mensch-22146330.bild.html
http://www.bild.de/politik/ausland/ungarn-krise/kleinkrieg-zwischen-ungarn-und-eu-viktor-orban-in-der-schusslinie-22124040.bild.html