Bundestag lehnt Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zu Grundwerten und Grundrechten in Ungarn ab
Vorgeschichte auf diesem Blog:
- Ungarn Thema im Bundestag (Presseschau 22./23.3.2012), 23. März 2012
Grundwerte und Grundrechte in Ungarn: Bei Enthaltung der Linksfraktion hat der Bundestag am 14. Juni einen Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (…) abgelehnt, der einen „ehrlichen Dialog über europäische Grundwerte und Grundrechte in Ungarn“ zum Ziel hatte. Die Fraktionen wollten die Bundesregierung auffordern, der ungarischen Regierung gegenüber deutlich zu machen, dass man über die demokratischen Verhältnisse in Ungarn sowie über Teile der Verfassung und einige Gesetze besorgt sei. Zugleich sollte die ungarische Regierung ermutigt werden, zur Klärung offener Fragen beizutragen. Der Bundestag folgte einer Empfehlung des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union.
Ausführlich hier (pdf), der Antrag vom 20.3. 2012 hier (pdf).
Die Népszava titelt heute: Deutschland macht sich nicht für die ungarische Demokratie stark.
Und warum hat sich die Linke der Stimme enthalten?
Weil die Linke der Meinung ist, dass die Probleme Ungarns in dem SPD-Grünen-Antrag nicht deutlich genug artikuliert werden. Sie findet den Antrag also zu weich.
Klicke, um auf 1710004.pdf zuzugreifen
„Die Fraktion DIE LINKE. hielt die im Antrag geäußerte
Kritik für zutreffend, aber nicht weitgehend
genug. In Ungarn käme es zu menschenverachtenden
Verstößen europäischer Grundwerte, beispielsweise
würden Arbeitslose von der Polizei auf Baustellen
zum Arbeitseinsatz gezwungen und dort festgehalten,
Roma würden zunehmend diskriminiert und marginalisiert,
es entstünden SA-ähnliche Bürgerwehren,
rechtsextremistische Tendenzen würden geduldet,
unabhängige Richter würden ersetzt, Obdachlosigkeit
würde bestraft, die Regierung habe den Gedenktag
anlässlich des Trianon-Vertrages wiedereingeführt.
Der Antrag greife solche bedenklichen Verstöße gegen
Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte
nicht auf.“
Ob dies eine Stimmenthaltung rechtfertigt, mag dahingestellt bleiben, aber inhaltlich ist diese Begründung m.E. durchaus zutreffend.
Sehr interessant finde ich die verschiedene Standpunkte der Parteien.
Die Einstellung von CDU/CSU ist die, des Machthabers, es ist alles demokratisch (Ignoranz), das Regieren soll nicht behindert werden.
Die FDP ist die, des Macht haben Wollenden, man sieht zwar Probleme, will aber keine Verschlechterung des Status Quo (Arsch Kriecherei).
Die SPD ist die, der Opposition, es gibt in Ungarn demokratische Probleme, bei den Regierenden soll die Angriffsfläche erhöht werden (reaktionär).
Die Linke ist die, der Ideologie, Menschenverachtende europäische Grundwerte, Ablehnung der derzeitigen Regierung (Konfrontation).
Bündnis 90/die Grünen ist die, des neben sich Stehenden, es gibt ein Problem, es sollte diskutiert werden, eventuell kann man die ungarischen Regierung überzeugen (halbherzig).
Ungarische Zeitung ist die, des Ungaren, warum machen die anderen nichts für uns (typisch).
Ein Glück, dass der Antrag nicht durchgeht. Heute war in einem deutschen Radio die Rede davon, mit welcher Gründlichkeit in Frankreich eine neue Regierung/ein neuer Staatspräsident Stellen nach pol. Gutdünken neu besetzt, bis hinunter zu Bibliotheksleitern. Es gibt dafür auch einen franz. Ausdruck, der im Beitrag erwähnt wurde, die Sache hat also Tradiotion. Nun ist Frankreich natürlich Opfer der Deutschen gewesen und eine (G)große Nation, während Ungarn „Mittäter“ war und aufgrund seiner Größe auch heute nur Mittläufer Deutschland sein kann. Deutschland hat also auch heute gute Chancen, sein politisches und kulturelles System nach Ungarn zu exportieren (und das steht in Ungarn auch höher im Kurs in Ungarn als das französische).