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Ungarische Justiz vs. Roma: Erzwungene Aussagen und Prozessverschleppung?

4. Juni 2013

1.) Wende im Roma-Prozess vom Miskolc: Die Polizei zwang offenbar einen Angeklagten mit Prügeln zu Falschaussage über „Magyarenhass“, um die ganze Gruppe unter dem strafverschärfenden Rassismusparagraphen anklagen zu können; 2.) Wenn im Prozess zur Mordserie an Roma 2008/09 nicht bis 21. August ein Urteil gefällt wird, müssen die Angeklagten auf freien Fuss gesetzt werden. Der nächste Verhandlungstag wurde gerade für den 24. Juli angesetzt. Von Mitte Juli bis Ende August sind in Ungarn Gerichtsferien.

1. Miskolc: Wende im Prozess gegen Roma wegen „rassistischer Gewalt gegen Magyaren“ –  Erzwungenes Geständnis

Im Prozess gegen die elf Roma von Miskolc, die wegen „rassistischer Gewalt gegen Magyaren“ zu 34 Jahren verurteilt wurden, weil sie sich gegen rechtsextreme Angriffe verteidigen wollten, gibt es eine Wende:  Der strafverschärfende Tatbestand des Rassismus beruht auf der Zeugenaussage eines einzigen Angeklagten, der diese später mit der Begründung widerrufen hatte, dass sie von der Polizei mit Gewalt erzwungen und bei dem Verhör auch kein Anwalt zugegen war.

Laut Index beschäftigt sich das Gericht erst jetzt zum ersten Mal im ganzen Prozessverlauf mit der Tatsache, dass der Zeuge seine Aussage damals widerrufen hatte;  bisher hatte das Gericht der Version der Polizei geglaubt. Der Angeklagte sagt im Video auf index.hu, er sei von 5-6 Polizisten mit Schlägen zur Unterschrift gezwungen worden.

Die elf Angeklagten sitzen seit 2009 in Untersuchungshaft.

(index)

Im März 2009, zwei Wochen nach dem Mord von Tatárszentgyörgy, hatten die Bewohner eines von Roma bewohnten Viertels von Miskolc von der Polizei die Information bekommen, daß bei ihnen in der Nacht mit Übergriffen der Ungarischen Garde oder Skinheads zu rechnen sei.

Als nachts ein fremder Wagen mit getönten Scheiben im Schrittempo in ihr Viertel  kam, griff eine Gruppe Anwohner ihn an, schlug die Windschutzscheibe ein und bewarf ihn mit Steinen. Es entstand Sachschaden von etwa 104.000 HUF; die drei Insassen, einer von ihnen nachweislich Neonazi, wurden leicht verletzt; im Wagen fand sich ein Kanister Benzin.

Die elf Männer wurden wegen “rassistisch motivierter Gewalt” zu insgesamt über 41 Jahren Gefängnis verurteilt. Die Richterin sagte in ihrer Begründung, der Übergriff sei klar gegen eine Gruppe von Angehörigen der magyarischen Bevölkerung und die ungarische Nation gerichtet gewesen.

Beide Parteien gingen in Berufung. Im Juli 2012 reduzierte das Gericht von Miskolc das Strafmaß in zweiter Instanz von 41 auf 34 Jahre. Außerdem wurden Verfahrensfehler konstatiert und die erneute Überprüfung der Beweislage angeordnet.

Das Corpus Delicti war ein Stock, den man in der Nähe des Vorfalls gefunden hatte, auf dem „Tod den Magyaren“ stand. Er war bei dem Angriff offenbar nicht benutzt worden. Die laut dem Angeklagten erzwungene Aussage bezog sich auf diesen Stock; seiner heutigen Aussage nach wurde dieses Beweisstück den Angeklagten von der Polizei untergeschoben.

Belege siehe Posts:

Die nächste Verhandlung ist für den 21.6. angesetzt, ein rechtskräftiges Urteil wird für den September erwartet.

2. Romamorde: Prozessverschleppung?


(nol.hu)


(delmagyar.hu)

Im Prozess gegen die Angeklagten der Mordserie an Roma 2008/09 mit sechs Todesopfern setzte der zuständige Richter den nächsten Verhandlungstag heute für den 24. Juli an, und stellte in Aussicht, dass auch dann noch kein Urteil verkündet würde.

Von Mitte Juli bis Ende August sind in Ungarn Gerichtsferien, und noch ist unklar, wenn es zu einer Urteilsverkündung kommt.

Am 21. August läuft die gesetzliche 4-jährige Frist für die Untersuchungshaft der Angeklagten ab. Wenn es bis dann kein Urteil gibt, müssen die Angeklagten auf freien Fuss gesetzt werden. (index, Blog ciganyvadaszatper)


(borsonline,2011)

(index.hu)

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