Kunstausstellung zum ungarischen Holocaust-Gedenkjahr: „Arbeit macht frei“
Der Schriftzug „Arbeit macht frei“ auf jedem Bild einer geplanten Kunstausstellung zum Holocaust-Gedenkjahr, mit knapp 10 000 EUR gefördert von der ungarischen Regierung.
„Arbeit macht frei“ ist der Titel eines im Rahmen des Holocaust-Gedenkjahres 2014 von der ungarischen Regierung mit 3 Mio. HUF (ca. 9600 EUR) geförderten Kunstwettbewerbs– und Ausstellungsprojektes. Projektträger ist keine zivile Organisation, sondern eine Touristik-GmbH aus Siófok, in Zusammenarbeit mit einer Budapester Galerie.
(Bild von der Projektseite)
Laut Regierungsseite waren förderfähig
„Aktivitäten, die als öffentliche, kommunale oder ähnliche Initiative eine künstlerische oder wissenschaftliche Aufarbeitung des Holocausts aus einer neuen Perspektive ermöglichen. Das Vorhaben soll die Annäherung der Gesellschaft an das Thema Holocaust ermöglichen und den Prozess der Vergangenheitsbewältigung in Ungarn unterstützen.“
Ziel der Ausstellung „Arbeit macht Frei“ ist laut Projektseite vom 7.3.2014,
„mit der Hilfe von Künstlern an den Holocaust zu erinnern“; „Hauptmotiv ist die über den Eingängen der Todeslager und Arbeitslager angebrachte Inschrift „Arbeit macht frei“. (…) Die Teilnehmer des Wettbewerbs sollen durch ihre Werke die Bewältigung [„szembenézés“, wörtl. „ins Auge schauen“, sich stellen] zeigen, und auf helfende Weise neu formulieren, dass unheilvolles Gedankengut [der Begriff „ordas eszmék“ bezieht sich auf (neo)faschistisches/NS-Gedankengut, ohne dieses aber konkret zu benennen] keinen Platz auf der Welt hat.“
Die Wortwahl ist so auffallend allgemein gehalten, dass offenbar ein „bereinigtes“, „universalisiertes“ Holocaust-Gedenken ohne gesellschaftliche Reflexion angestrebt wird – wie es in Bezug auf die zentralen Großprojekte des Holocaust-Gedenkjahrs die jüdischen Gemeinden durch ihren Boykott kritisieren. „Auf helfende Weise“ impliziert zudem, dass kritische, kontroverse Arbeiten als kontraproduktiv betrachtet werden.
Anforderungen an künstlerische Innovation lässt der Ausschreibungstext nicht erkennen.
Die Ausstellung wird im Mai 2014 in Budapest (Symbol Art Gallery) und später in Siófok und Szécsény zu sehen sein. Kuratoren sind die Kunsthistoriker Péter Fitz und Judit Faludy.
Projektträger ist Snex Kft., eine Touristik-GmbH aus Siófok.
Der Ausstellungstitel „Arbeit macht frei“ wird in der Auflistung der im Rahmen des Holocaust-Gedenkjahres bewilligten Fördergelder nicht aufgeführt, war also möglicherweise nicht Teil des Projektantrags von Snex Kft; neben zwei anderen Projektschwerpunkten ist dort lediglich von „der künstlerischen Aufarbeitung des Holocaust, Kunstwerken“ die Rede.
Dass in der Ausschreibung zum Holocaust-Gedenkjahr zahlreiche Projekte regierungsnaher Personen und Unternehmen gefördert werden, ist aus den ungarischen Medien bekannt; so wurde u.A. die Stiftung des Friedensmarsch-Organisators Tamás Fricz mit 1,5 Mio HUF, sowie drei Projekte des Journalisten Csaba Lukács von der Magyar Nemzet, der 2012 die – von der rumänischen Regierung verhinderte – Wiederbestattung des Pfeilkreuzler-Schriftstellers József Nyírő offiziell mitorganisiert hatte, mit insgesamt 18 Mio. HUF (ca. 58 000 EUR) gefördert.
*
Bisherige Posts zum Holocaust-Gedenkjahr hier; zum Thema Kunst und Vergangenheitsbewältigung vgl. die offiziellen ungarischen Reaktionen zu den Arbeiten der österreichischen Künstlerin Marika Schmiedt:
- Ungarischer Botschafter interveniert gegen “ungarnfeindliche” Kunstausstellung in Linz, 2. Oktober 2013
- Der ungarische Botschafter und seine “nationalen Revolutionäre”, 6. Oktober 2013
- Hitler und die „Halbmond-Türkensalami” made in Austria – regierungsnahes HírTV über „magyarenfeindliche“ Linzer Ausstellung, 23. Oktober 2013
(Plakat von Marika Schmiedt in Linz 2013)
Hat dies auf ARTBRUT rebloggt.
Es darf wohl als zynisch gelten, wenn man ausgerechnet den zynisch gemeinten Lager-„Empfangsslogan“ in diesem Projekt verwendet.
Die Lagerhäftlinge mussten übrigens diesen schmiedeeisernen Bogen selbst anfertigen. Was wenig bekannt ist – und von den Nazis offenbar nie bemerkt wurde: Als kleiner Akt des Protests wurde das „B“ des Wortes Arbeit auf den Kopf gestellt.