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Nazi-Besatzungsdenkmal: Proteste und Polizeischikane

11. April 2014

Die Regierung bezeichnet die protestierenden Angehörigen von Holocaust-Überlebenden als Extremisten und Randalierer, ein oppositioneller Journalist wurde wegen Graffiti „Wir sind nicht Horthys Soldaten“ auf dem Bauzaun durchsucht und aufs Präsidium geladen.

Update zum Post Ungarn baut Nazi-Besatzungsdenkmal, 9. April 2014.

Seit Dienstag läuft der zivile Protest gegen den Bau des Denkmals der Deutschen Besatzung auf dem Budapester Freiheitsplatz. Nachdem sich die oppositionellen Parteien DK, Liberale, Gemeinsam-PM und MSZP an den Protesten beteiligt hatten, werden die Zivilen, die auf dem Platz ständige Präsenz zeigen – darunter viele Angehörige von Holocaust-Überlebenden mittleren und höheren Alters – von der Regierung als linke Extremisten und Handlanger der Opposition diffamiert.

So rief der Staatssekretär im Ministerium für Öffentliche Verwaltung und Justiz Bence Rétvári am Mittwoch „die links- und rechtsextremen Politiker“ auf, in diesem Zusammenhang „ihre Aggression und Aufstachelung zum Hass auf der Strasse zu beenden. Die Frage des Denkmals sei friedlich zu lösen. Niemand halte es für gut, dass Rechts- oder Linksextremisten (sic) die Emotionen anheizen, zum Hass aufstacheln (sic) oder Aggression auslösen. Dies hätten die Wähler am Sonntag eindeutig zurückgewiesen. Die Entscheidung und der Wille der Wähler sei zu respektieren, nicht die Wut solle die Politik leiten. Diese politische Hysterie werde von den bei den Wahlen gescheiterten Parteiführern ausgelöst und geschürt. „Sie sollen ihre Truppen und Sympathisanten zurückrufen und das Randalieren auf Budapests und Ungarns öffentlichen Plätzen einstellen“, so Rétvári. (hvg)

Die Strategie der Regierung, zivile Proteste als Guerillaaktionen der oppositionellen Parteien zu diffamieren, kam auch bei den Studentenprotesten zur Anwendung; ebenso bewährt die Strategie der Polizei, nach oppositionellen Protestveranstaltungen Einzelpersonen gezielt zu folgen und sie zu verhören bzw. vorzuladen:

„Wir sind nicht Horthys Soldaten!“

Am Donnerstag exponierte sich der Journalist Zoltán Lovas, Mitbegründer der Wochenzeitung Magyar Narancs, indem er auf die Abdeckfolie des Bauzauns „Wir sind nicht Horthys Soldaten“ sprühte; dies in Anspielung auf den heute wieder populären Schlager der Horthy-Zeit „Ich bin Miklós Horthys Soldat„.

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„Hier wird kein Nazi-Denkmal erbaut! Nirgends! Wir sind nicht Horthys Soldaten!“ (Gepnarancs)

Wie Lovas atv und auf seiner Facebook-Seite berichtet, folgten ihm anschließend zwei Zivilbeamte zur nächsten Ecke, überreichten ihm dort eine Vorladung aufs Polizeipräsidium des V. Bezirks wegen Verdacht auf Straftatsbestand Wandschmierereien (im Ungarischen wörtlich für Graffiti, mutwillige Verunreinigung von Gebäuden) und durchsuchten ihn nach dem Tatwerkzeug, der Spraydose.

Vor dem Polizeipräsidium heute Vormittag sagte er, diese Art der Kriminalisierung politisch oppositioneller Äußerungen (wörtlich: Kriminalisierung der Politik) habe es in den letzten 25 Jahren nicht gegeben.

Die nächste Protestaktion ist für heute um 16 Uhr angekündigt. Laut unbestätigten Facebook-Berichten mobilisiert die Jobbik-Abgeordnete Enikö Kovács, Frau des antisemitischen reformierten Pfarrers Lóránt Hegedüs Jr., dessen Kirche mit Horthy-Statue ebenfalls am Freiheitsplatz liegt, ihre Anhänger auch dort um 16 Uhr.

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