Protest gegen Nazi-Besatzungsdenkmal, Tag 4: Weitere Vorladungen
„Ich habe die Shoah überlebt. Ich will noch leben.“ Dieser Satz auf der Abdeckplane des Bauzaunes brachte der älteren Dame eine polizeiliche Vorladung wegen Verdacht auf Straftatsbestand der Wandschmiererei und Sachbeschädigung ein. Auch die Hauptorganisatorin und drei weitere Demonstranten wurden vorgeladen.
Update zum Post Nazi-Besatzungsdenkmal: Proteste und Polizeischikane, 11. April 2014
Am gestrigen 4. Tag des zivilen Protestes gegen das Denkmal der deutschen Besatzung wurde erneut der Bauzaun abgebaut bzw. mit Parolen besprüht.
Nachdem die Demonstranten Anfang der Woche gegenüber der Polizei bemängelt hatten, dass keine offizielle Tafel Auskunft über Bauvorhaben, Auftraggeber und ausführende Firma gab, wurde gestern diese „Tafel“ mit den nötigsten Angaben nachgeliefert:
(Facebook)
Fünf Personen bekamen Vorladungen wegen Verdacht auf Straftatsbestand „Wandschmierereien und Sachbeschädigung“, darunter die Dramaturgin Fruzsina Magyar, Hauptorganisatorin des Protests, der Karikaturist der Népszava Gábor Pápai, und die Holocaust-Überlebende Alice Fried.(Quelle)
Alice Fried dazu im Video: „Von meiner Familie habe ich als Einzige den Holocaust überlebt. Alle sind gestorben. Ich habe hier hingeschrieben: „Ich habe die Shoah überlebt, ich will noch leben.“ Dafür habe ich eine Vorladung bekommen, für Montag, 10.00 Uhr ins Polizeipräsidium des V. Bezirks. Wegen Straftatbestand Wandschmierereien, Sachbeschädigung.
F: Was sagen Sie dazu?
AF: Tja, ich bin leider Journalistin, und ich kenne diesen Begriff nicht. So ein Begriff existiert nicht. Davon gar nicht zu reden, dass das hier keine Wand ist (lacht).
(cink.hu)
Der Karikaturist der linken Tageszeitung Népszava Gábor Pápai bekam seine Vorladung, weil er Viktor Orbán mit Schraubenschlüssel auf dem Bauzaun verewigte. Dies in Anspielung darauf, dass Orbán im Februar 2007 mit 152 Fidesz-Parlaments- und Europaabgeordneten in einem „Akt zivilen Ungehorsams“ die Polizeiabsperrungen vor dem Parlament abmontiert hatte. Aufgrund der Abgeordnetenimmunität konnte die Polizei nicht eingreifen. Der Kossuth tér war nach den Unruhen seit dem 23. Oktober 2006 abgesperrt gewesen. (Index, Bilder)
(Gábor Pápai: „Selfie als Absperrungsabreisser“, Facebook)
(Index 2007)
Pápais Népszava-Karikatur von gestern Abend fiel entsprechend bitter aus: „Das gegebene Wort verpflichtet“: Viktor Orbán zum Vorsitzenden des Dachverbandes jüdischer Gemeinden Mazsihisz, András Heisler: „Ich habe geschrieben, wann wir das (Denkmal) besprechen, aber nicht, wo…“
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„Tja, ich bin leider Journalistin,“ warum benützt sie das Wort „leider“?
Lies: Da habe sie nicht irgendeine unbedarfte Rentnerin erwischt, der sie alles erzählen können, sondern jemanden mit Ahnung und Medienkontakten. Auch die übrigen Vorgeladenen sind gestandene Intellektuelle/Journalisten, die dieses Vorgehen noch bestens aus den 80ern kennen. Zoltán Lovas war zu Wendezeiten sehr aktiv.