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Ungarn ernennt Rechtsextremen zum neuen Botschafter in Italien?

21. Juli 2014

Die ungarische Regierung plant laut Medienberichten die Ernennung des rechtsextremen Publizisten Péter Szentmihályi Szabó zum neuen Botschafter in Italien. Er hat keine Erfahrung im diplomatischen Dienst und spricht kein Italienisch, dafür blickt er auf eine lange Karriere in den rechtsextremen Medien zurück. Szentmihályi Szabó tritt seit Jahren mit Jobbik auf, vor ihrem Verbot 2009 auch mit der Ungarischen Garde. Für DK stellt seine Ernennung kein Zugeständnis der Regierung an die Rechtsextremen dar, sondern steht für den gemeinsamen Kurs von Fidesz und Jobbik in der Europapolitik.

[Update 25.7.2014: Er wird es nicht: Die Staatsagentur MTI verbreitete heute die knappe Meldung: „Péter Szentmihályi Szabó möchte keinerlei Botschafterposten annehmen – darüber informierte er die Leitung des Außenministeriums.“
Nachdem Hungarian Spectrum einen antisemitischen Artikel von Szentmihályi Szabó („Agenten des Satans“) ins Englische übersetzt hatte, hatten die Anti Defamation League und der Jüdische Weltkongress (s.u.) gegen seine Ernennung protestiert (NOL), siehe auch Hungarian Spectrum:  The aftershocks of the Szentmihályi Szabó affair.

Update Ende.]

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(Szentmártonyi Szabó (re.) 2011 bei der Verleihung einer 1956-Auszeichnung durch den damaligen Vizepräsidenten, Justiz- und Innenminister Navracsics, HVG)

Während Péter Szentmihályi Szabó in den 1970ern noch flammende Oden an den Kommunismus verfasste, vertritt er seit der Wende die sog. „christlich-nationalen Werte“. Unter der ersten „national gesinnten“ Regierung Antall-Boros (1990-94) war er Pressechef des Außenministeriums und Chefredakteur des Hungarian Observer (Quelle). Bei den Parlamentswahlen 2002 kandidierte er für die rechtsextreme Partei MIÉP. Unter István Csurka war er langjähriger Mitarbeiter des antisemitischen MIÉP-Organs Magyar Fórum, sowie des rechtsextremen Fidesz-nahen Wochenmagazins Magyar Demokrata.

Derzeit hat er – wie auch Zsolt „Roma sind Tiere“ Bayer – eine Kolumne im rechtsextremen regierungsnahen Magyar Hírlap und tritt im rechtsextremen regierungsnahen Echo TV auf. Eine weitere Kolumne hat er im rechtsextremen Monatsmagazin Kárpátia, herausgegeben vom Jobbik-Abgeordneten Dániel Zs. Kárpát.

Szentmihályis Artikel bei Kárpátia handeln hauptsächlich vom „Ende der westlichen Zivilisation“ (April, Mai, Juni 2013), warum die „sogenannte Demokratie nicht funktioniert“ (März 2013), sowie von den „weltanschaulichen Unterschieden zwischen den Händlervölkern (antisemitischer Code) und den Magyaren“ (November-Dezember 2012, Januar 2013).

In der Frage des Denkmals der deutschen Besatzung vertrat er die Position der Regierung, vgl. Hungarian Spectrum.

Auf seine geplante Ernennung machte gestern DK in einer Presseerklärung aufmerksam. Für DK stellt sie kein Zugeständnis der Regierung an die Rechtsextremen dar, sondern steht für den gemeinsamen Kurs („Koalition“) von Fidesz und Jobbik in der Europapolitik.

DK und Együtt-PM protestieren gegen die Ernennung.

Szentmihályi tritt seit Jahren mit Jobbik auf; bei der Vereidigung der Ungarischen Garde im Oktober 2007 deklamierte er sein Gedicht „Ungarische Garde“, das mit dem von der Garde übernommenen Gruß der Pfeilkreuzler („Gott gebe eine schönere Zukunft“) schließt (Jobbik-Portal alfahir).

2009 nahm er mit Mitgliedern der Ungarischen Garde an einer Jobbik-Veranstaltung für die Opfer des Kommunismus in Szarvas teil.

Sein Gedicht „Wählt mit uns!“, mit dem er 2010 zu einem Wahlbündnis der nationalen Kräfte gegen die Sozialisten aufrief, ist auf diversen Jobbik-Seiten eingestellt.

2012 hielt er den Vortrag „Gott, Vaterland, Familie“ im Jobbik-Büro des XI. Budapester Bezirks.

NE_2012.03.21._SzentmihályiSzabóPéter

Update 25.7.2014:

Press Release, 24 July 2014: World Jewish Congress urges Italy to refuse accreditation of ‘anti-Semitic’ Hungarian envoy

NEW YORK – The head of the World Jewish Congress (WJC) on Thursday said that appointment of Hungarian far-right publicist Péter Szentmihályi Szabó as Hungary’s ambassador to Italy was “clearly an affront to Jews”. WJC President Ronald Lauder urged Italy to refuse the accreditation of Szentmihályi Szabó, who has penned anti-Semitic texts in the past. “A man who suggests that Hungary’s Jews are ‘agents of Satan’, ‘greedy, envious, evil and ugly’ is not fit to represent his country abroad, and Prime Minister Viktor Orbán would be well-advised to withdraw this man as soon as possible and look for a person who is suitable for this job,” said Lauder.

“It is particularly sad and irritating that Hungary, which declared 2014 as Holocaust memorial year, is once again in the news with this sort of thing. How can an anti-Semite represent a government whose leader pledged a policy of zero tolerance toward anti-Semitism?” Lauder asked, referring to Orbán’s speech before the World Jewish Congress Plenary Assembly in Budapest in May 2013. He said decisions such as this would do further damage to Hungary’s reputation abroad and “does not inspire confidence that the Orbán government means business when it says it will fight anti-Semitism.”

The WJC leader expressed hope that, given Italy’s history and strong commitment to fight racial hatred and anti-Semitism, the Italian government would not accept an outspoken extremist and Jew-hater as a member of the diplomatic corps in Rome.

The appointment by Budapest of the 69-year-old Szentmihályi Szabó comes after a recent decision by the Hungarian government to build a controversial World War II monument that obfuscates Hungary’s role in the deportation of Jews to the Nazi death camps in 1944.

About the World Jewish Congress

The World Jewish Congress (WJC) is the international organization representing Jewish communities in 100 countries to governments, parliaments and international organizations.

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