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Landwirtschaftsminister Fazekas: „Ohne Horthy gäbe es heute kein Ungarn mehr“

4. Oktober 2014

Landwirtschaftsminister Sándor Fazekas (Fidesz) bezeichnete Horthy vor Schulklassen als „unbesiegten Feldherrn“, „ohne den es Ungarn heute nicht mehr gäbe“. Er selbst führt bei der Verteidigung der ungarischen Erde den Kampf der gefallenen Helden des Ersten Weltkriegs fort. Fidesz-Geschichtsrevisionismus in Aktion.

Derzeit rollt die Enteignungswelle von ausländischen Bauern in Ungarn an:

(…) „Ungarischer Boden in ungarischer Hand“, lautet die Forderung der ungarischen Regierung. Diesem Ziel soll das am 1. Mai in Kraft getretene neue Bodengesetz dienen, nachdem am 30. April 2014 die Übergangsfrist abgelaufen war, mit der Ungarn EU-Bürger vom Kauf ungarischen Ackerlandes weitgehend ausschließen konnte. Das neue Gesetz droht ausländischen Nießbrauchnutzern von Kleingärten oder Feldern mit der Löschung ihres Rechts ohne Entschädigung. Betroffen sind vor allem Österreicher. (…) Wirtschaftsblatt.at; s. auch Die Presse: Ungarn: Grundeigentümer erntet Mais von ausländischem Bauern.

Landwirtschaftsminister Sándor Fazekas (Fidesz) lässt sich dafür als Held der Vaterlandsverteidigung feiern. Am 3. Oktober – wohlgemerkt kein Gedenktag – absolvierte er in Eigenregie insgesamt vier Gedenkveranstaltungen zum Ersten Weltkrieg in der Provinz. Sie dienten der „Bildung der Jugend“, als Publikum wurden Schulklassen hinbeordert, freiwillige Zuschauer gab es nur wenige.

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(Index)

Auf allen vier Veranstaltungen wurde der Minister laut Index mit den gefallenen Helden des Ersten Weltkriegs verglichen:

„Das Vaterland ist nicht verkäuflich“, zitierte der jeweilige Gastgeber laut Drehbuch „den Schirmherrn der Veranstaltung, Dr. Sándor Fazekas, der ähnlich den Helden (des Ersten Weltkriegs) die ungarische Erde verteidigt, nur mit den Mitteln der Diplomatie.  Wir danken ihm für seine  aufrechte Haltung!“

Beim österreichischen Amtskollegen kam diese wohlgemerkt als „unglaubliche Dialogverweigerung“ an.

In seiner Heimatstadt sprach Fazekas zu den Kindern von den „Urmagyaren, den Hunnen, die von der Milchstraße aus beobachten, wir wir auch heute noch das Vaterland verteidigen“, so Index.

In Miklós Horthys Heimatort Kenderes wurde die Gedenkveranstaltung im Horthy-Wäldchen abgehalten. Dort sagte Fazekas:

„Miklós Horthy war ein Feldherr, der nie besiegt wurde. Miklós Horthy ist der Staatsbürger in der ungarischen Geschichte, der zum höchsten militärischen Rang aufgestiegen ist. Ohne Miklós Horthy gäbe es Ungarn heute nicht. Vielleicht wäre nicht einmal ein Quadratmeter davon übrig geblieben!“

Fazekas vergass zu erwähnen, so Index sarkastisch, dass unter Horthys Regentschaft ohne äußeren Druck diverse Judengesetze verabschiedet und mehrere hunderttausend Menschen deportiert wurden, was ohne die enthusiastische Mitwirkung der ungarischen Behörden nicht möglich gewesen wäre.

Die Glorifizierung Horthys sei früher bei den Konservativen nicht salonfähig gewesen und von antisemitischen, rechtsextremen Politikern wie István Csurka betrieben worden, so Index; Viktor Orbán sagte 2012, die Horthy-Debatte sei langwierig und kompliziert, und es sei nicht seine Aufgabe als Ministerpräsident, ein endgültiges Urteil zu fällen. Jedoch sprach er sich für die Fortführung der Debatte aus.
Mit Fazekas‘ Auftritt habe ein Mitglied von Orbáns Kabinett diese Debatte nunmehr beendet, so Index.

In Kunhegyes sagte Fazekas unter anderem, die ungarische Geschichte handle „von Neuanfang und Auferstehung, und seit 2010 haben wir wieder die Chance, eine starke Nation zu sein.“

Mit der „Auferstehung“ Ungarns (feltámadás) ist bei den Rechten und Rechtsextremen traditionell die Trianon-Revision, die Wiederherstellung der Landesgrenzen von vor 1920 gemeint. Im unter Horthy eingeführten Schulgebet heißt es: „Ich glaube an einen Gott, ich glaube an meine Heimat, ich glaube an die göttliche Gerechtigkeit. Ich glaube an die Auferstehung Ungarns.“ (vgl. Deutschlandradio).

So fand die Gedenkveranstaltung in Fegyvernek laut Index neben dem dortigen Trianon-Denkmal mit der Darstellung von Großungarn statt. Dort waren zu dem revisionistischen Happening neben Schulkindern auch Kindergartenkinder hinbeordert worden.

(Index)

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Im September hatte Parlamentspräsident László Kövér einer offiziellen Gedenkveranstaltung beigewohnt, auf der die antisemitische Fabel “Landnahme der Ratten” des Blut-und-Boden-Schriftstellers Albert Wass vorgetragen wurde, womit diese offiziell im kulturellen Kanon der ungarischen Regierung angekommen ist, s. Post: Parlamentspräsident László Kövér auf dem “Tag der Heimat” 2014, 28. September 2014

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Foto: Landwirtschaftsminister Sándor Fazekas teilt wegen des Russland-Embargos vom Staat aufgekaufte ungarische Äpfel an Bedürftige aus:

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(Foto: Propeller.hu)

Weitere Fazekas-Highlights:

Als Hungarikum bezeichne man „die Spitzenleistungen, die die Magyaren (magyarság) in 1100 Jahren geschaffen haben“, so Fazekas im September auf dem Hungarikum-Tag in Kunmadaras. Unter anderem erwähnte er das Lebenswerk des Fußballers Ferenc Puskás, die ungarische Operette, die Zwiebeln aus Makó, die Paprikawurst aus Csaba und den ungarischen Obstschnaps. (444.hu)

Außerdem erklärte Fazekas Ungarn kürzlich zur Trüffel-Großmacht und ist dafür verantwortlich, dass am Balaton nur noch kasachischer Fisch serviert wird, s. Post.

One Comment leave one →
  1. Don Kichote permalink
    11. Oktober 2014 09:26

    Die Hunnen von der Milchstraße aus …

    buaah

    … fehlt nur noch, wenn man Fazekas Intellekt folgt, dass die Hunnen aus Südamerika (damals noch Inkas die Außerirdischen) über die Beringstraße geritten sind und irgendwo unterwegs im Jahre 1 v. Chr. Christus gezeugt haben. Natürlich waren sie da schon Ungaren. Ergo war Christus ein Ungar, ein Sohn Gottes und Viktor Orbán ist Premierminister von/mit/durch Gottesgnaden. So wie alle ungarischen Herrscher vor ihm und nach ihm, das neue Datum ist 4 n.V.O.. Fortsetzung folgt …

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