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Orbán stellt seinem „halbasiatischen“ Volk die Abschaffung der Demokratie in Aussicht

27. Juli 2012

Viktor Orbán gestern auf der Sitzung des Landesverbandes der Arbeitnehmer und Arbeitgeber:

„Wir hoffen, Gott hilft uns dabei, dass wir uns nicht anstelle der Demokratie andere politische Systeme ausdenken müssen, die wir dann im Interesse des wirtschaftlichen Überlebens einzuführen haben.“ (…)

Die ungarische Opposition ist verblüfft über die drastischen Aussagen ihres Ministerpräsidenten. Sie werfen ihm vor, mit der „totalen Abschaffung des Rechtsstaates“ zu spekulieren. Die Presse: Orban warnt vor dem Ende der Demokratie 27.07.2012

Es ging jedoch noch weiter. Orbán sagte:

„Der nationale Schulterschluss ist keine Frage des Willens, sondern der Kraft. (…) Das ist nicht in allen Kulturen so, bei manchen Ländern ist das vielleicht anders, z.B. bei den Skandinaviern, aber ein halbasiatisches Volk  (félázsiai származék) wie das unsere steht nur dann zusammen, wenn Kraft dahinter ist.“

Diese Äußerung hat ebenfalls große Empörung ausgelöst; der LMP-Vizefraktionsvorsitzende Gergely Karácsony erklärte, der Ministerpräsident habe „die ungarische Nation schwer beleidigt“, Ungarn sei „seit tausend Jahren, seit dem Heiligen Stephan Teil Europas“ und habe „den Fehler gemacht, einem Despoten asiatischen Typs (sic) riesige politische Macht zu geben“ (mandiner; sprich, die „Grünen“ argumentieren hier  „nationalkonservativ“).

Der Publizist Árpád W. Tóta verweist auf hvg satirisch auf die Ähnlichkeit dieser Aussage mit der Äußerung des jüdischen Autors Ákos Kertész, der die Ungarn 2011 als „genetische Untertanen“ bezeichnet hatte; darauf wurde ihm von Fidesz die Ehrenbürgerschaft von Budapest entzogen. Nachdem er infolge der medialen Hetzkampagne Drohungen und tätlichen Angriffen ausgesetzt war  und sein Leben in Gefahr sah, stellte er im März 2012 einen Asylantrag in Kanada (Focus.de: Ungarischer Autor Kertesz bittet in Kanada um Asyl, 04.03.2012)

Viktor Orbán dürfte die Zwangsemigration erspart bleiben; das Jobbik-Parteiblatt Barikád verbat sich zwar den deutlich pejorativen Tonfall seiner Äußerung, begrüßte jedoch ausdrücklich, dass der Regierungschef sich endlich klar zur skythisch-hunnischen Abstammung der Magyaren bekannt habe. Die Rechtsextremen lehnen die  finno-ugrische Abstammungstheorie als  „Geschichtsfälschung der Habsburger und Kommunisten“ ab, vgl. Pester Lloyd: Die wilden Reiter von Absurdistan. Vom Steppenidyll zur Rassentheologie: Warum Ungarn nach Osten blickt. 22.05.2012

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[Update: Siehe ausführlich Hungarian Spectrum: Hungarian business leader criticizes Viktor Orbán’s economic policy, 27.7.]

2 Kommentare leave one →
  1. Peter permalink
    28. Juli 2012 05:20

    Ich glaube; dass Orban nur bei Merkel abschreibt:

  2. Don Kichote permalink
    28. Juli 2012 10:44

    Orban denkt sich ein neues politisches System aus, was kann das sein? Fideszschissmus wird es sein und wahrscheinlich dem Nationalsozialismus ähnlich oder gleich. Die Frage ist ob es in diesem System eine Lösung, der von Pfarrer Balog bezeichneten Romafragen „?“, gibt oder ob es eine Endlösung wird. Genauso müssen sich die Juden Gedanken machen, wie sicher Ungarn in Zukunft noch für sie sein wird. Ausländer dürften sich auch nicht mehr so sicher sein und müssen damit rechnen klassifiziert zu werden.

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