Freunde Russlands: FIDESZ, FPÖ und Front National bei Fundamentalistenkongress im Moskauer Kreml
Der stellvertretende Staatssekretär für bilaterale EU-Beziehungen der ungarischen Regierung Gergely Prőhle, ehemaliger ungarischer Botschafter in Berlin, bekennt sich aktuell in der regierungsnahen ungarischen Presse zu Ungarns Verankerung im westlichen Bündnis; parallel nahm er als Vertreter der ungarischen Regierung mit FPÖ- und Front National-Politikern sowie rechten US-Lebensschützern am „Internationalen Forum Große Familien und die Zukunft der Menschheit“ im Moskauer Kreml teil.
Das „Internationale Forum Große Familien und die Zukunft der Menschheit“ wurde co-organisiert u.A. vom World Congress of Families (WCF – Quelle), der Russischen Orthodoxen Kirche und der Stiftung Sankt Basilius der Grosse des rechtsextremen Oligarchen Konstantin Malofejew, „an important connection to the EU-based far right parties and has been deeply involved in unleashing the „Ukraine crisis“ (Quelle).
Hintergründe zur Veranstaltung:
- Anton Shekhovtsov’s blog: A rose by any other name: the World Congress of Families in Moscow, 15.9.2014
- faz.net: Moskauer Wertediskussion: Für die Familie und Neurussland. Eine Tagung in Moskau wendet sich gegen Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehe. Finanziert wird sie von Männern, die Präsident Putin nahestehen. 13.9.2014
- The Russian Orthodox Church Department for External Church Relations: International forum on “The Large Family and the Future of Humanity” opens in Moscow, 11.9.2014
Über diese Veranstaltung berichteten Medien aus der Schweiz und Österreich ausführlich wegen der FPÖ-Beteiligung; auch Prőhles Teilnahme wird dort erwähnt:
- Tagesanzeiger: «Wir sind Freunde Russlands». Rechtspopulisten aus Österreich und Frankreich treten bei einer christlich- fundamentalistischen Veranstaltung in Moskau auf und hetzen gegen den Westen. 14.9.2014
- orf: In erzkonservativer Gesellschaft, 12.9.2014: Russland hat wegen seiner Involvierung in die Ukraine-Krise derzeit nicht viele Freunde. Unter den wenigen, die Sanktionen gegen Moskau vehement ablehnen, ist die FPÖ. Auch in anderen „Zukunftsfragen“ ist man sich einig. Bei einem Auftritt in Moskau teilte der stellvertretende FPÖ-Chef Johann Gudenus kräftig aus – gegen EU, NATO und „Homosexuellenlobby“.
- Profil Online: FPÖ in Moskau: Gudenus kritisiert EU, USA, NATO und „Homosexuellenlobby“, 13.9.2014. Die Annäherung zwischen FPÖ und dem offiziellen Russland läuft weiter. Johann Gudenus, Klubchef der Wiener FPÖ, trat am Donnerstag in Moskau bei einer offiziösen Veranstaltung namens „Internationales Forum ‚Mehrkindfamilien und die Zukunft der Menschheit“ auf.
(Konstantin Malofejev, 3.v.r. Quelle: Anton Shekhovtsov’s blog)
(Gergely Prőhle, links. Aus dem Bericht zum Kongress auf der Seite der Orthodoxen Kirche Russlands)
(Gergely Prőhle, links. Co-Veranstalter Благотворительный Фонд Святителя Василия Великого, Facebook)
Im Juni hatte Konstantin Malofejew in Wien ein Treffen von russischen und europäischen Faschisten sowie PolitikerInnen von Front National und FPÖ organisiert, s. Tagesanzeiger: Gipfeltreffen mit Putins fünfter Kolonne, 3.6.2014.
Am 3./4. Oktober wird in Budapest ein eurasisch-internationales rechtsextremes Vernetzungstreffen mit dem russischen Publizisten Alexander Dugin (vgl. faz.net) und Jobbik-Vize Márton Gyöngyösi stattfinden, s. ausführlich Blick nach Rechts: „Forum für Patrioten und Traditionalisten“. Auf Facebook organisiert sich bereits eine Protestdemonstration.
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Ein weiteres aktuelles Beispiel für den Doppelkurs der ungarischen Regierung gegenüber EU und Russland war das Treffen des ungarischen Landwirtschaftsministers Sándor Fazekas mit dem russischen Agrarminister Nikolaj Fjodorow am 8.9., wo sie sich unabhängig von geplanten Wirtschaftssanktionen der EU gegenüber Russland auf den Ausbau der Kooperation verständigten, s. Ungarische Regierungsseite: Both parties have an interest in continued Hungarian-Russian cooperation in agriculture, September 9, 2014 .
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Presseschau: Gergely Prőhle zu Ungarns Verankerung im Westen
Budapost.hu: Ungarn – fest im Westen verankert, 15. Sep. 2014
Zwei regierungsfreundliche Autoren sind sich darin einig, dass es dumm wäre, würde Ungarn zwischen Ost und West hin und her schwanken. Sie warnen vor der Versuchung, einen zu großen Nachdruck auf die Unstimmigkeiten mit den westlichen Verbündeten Ungarns zu legen.
In der Druckausgabe von Heti Válasz kritisiert Gergely Prőhle konservative Autoren massiv, die „in jüngster Zeit eigenartige pro-russische Gefühle offenbart haben“. Natürlich, so räumt der Vize-Staatssekretär im Ministerium für Humanressourcen ein, gehöre das künstlerische und literarische Erbe Russlands zu den kostbarsten Juwelen der Menschheit. Allerdings seien derartige Empfindungen bei manchen im Zuge der jüngsten politischen Entwicklungen zu Tage getreten und würden in rechten Talkshows von vehementen anti-amerikanischen Äußerungen sekundiert.
Für Prőhle ist das teilweise auf eine gegen die Globalisierung gerichtete Geisteshaltung zurückzuführen. Leute könnten zu Recht fragen, warum gerade Washington immer wieder neue Bedenken hinsichtlich des Zustandes der Demokratie in Ungarn äußern müsse. Dennoch ließen eindrucksvolle pro-russische und anti-amerikanische Gefühle in Mitteleuropa eine höchst unglückliche Mixtur entstehen. Gewiss spiele Russland in unseren wirtschaftlichen und handelspolitischen Beziehungen eine wichtige Rolle. Doch habe Ungarn mit den Beitritten zur Europäischen Union und zur Nato seinen besten Interessen gedient. Ungarn dürfe niemals vergessen, dass das westliche Bündnis das einzige ist, das ihm Sicherheit garantieren könne, stellt Prőhle klar. (…)
Front National, FPÖ und FIDESZ vertreten dieselbe Ideologie, also passt das schon hervorragend. Was nicht passt ist die Zugehörigkeit des FIDESZ zur EVP, mit konservativen Werten haben Orbán & Co doch nun wirklich nichts gemeinsam. Es ist Zeit für alle Demokraten – also auch die der EVP – langsam einmal Konsequenzen zu ziehen und Orbán dorhin zu stellen, wo er hingehört: ins rechte Abseits.
Wie stehen Orbans Regierung und „Gardisten“-Trachtenverein eigentlich zu den ukrainischen Faschisten, die nebenan in Kiew gerade regieren?