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Jobbik auf Adventsmission: Jesus als Faschist

2. Dezember 2013

Wie jedes Jahr seit 2003 stellen Jobbik zur Adventszeit an zentralen öffentlichen Orten apostolische Doppelkreuze auf, um die vom Konsumterror geplagten Menschen „an den eigentlichen Sinn des Weihnachtsfestes zu erinnern“. Jobbik-Politiker halten Reden, die Kreuze werden von Geistlichen geweiht, meist katholischen und reformierten Pfarrern. An den Adventswochenenden treffen sich dort oft Mitglieder der jeweiligen Kirchengemeinden, um gemeinsam Kerzen anzuzünden.

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(Debrecen, mit der Ungarischen Garde.)

Das apostolische Doppelkreuz als nationales Symbol steht hier für ein rechtsextremes Weltbild von der „Erlösung“ der Nation. Man erwartet einen triumphierenden Christus, der die dämonischen Mächte der Finsternis (die „Feinde der Nation“) in die Knie zwingt. Die begleitenden Reden kommen nie ohne antisemitische Hetze aus, gerne verpackt in Bibelzitaten (s.u.); in Budapest verstehen sich diese „Adventskreuze“ zudem in Konkurrenz zu den Chanukka-Leuchtern im öffentlichen Raum (vgl. Post Chanukka-Leuchter in Budapest beschädigt, 30. November 2013).

In einem aktuellen Artikel, der bei den Kreuzaufstellungen von Jobbik-Vertretern verlesen wurde, argumentiert Jobbik-Vize Előd Novák „theologisch“:

Die Botschaft von Weihnachten ist auch heute die Freudenbotschaft: „Gott ist mit uns“ (Mt 1,23). (Sicherlich würden Pál Steiner [jüdischer sozialistischer Abgeordneter, ehemaliger Bürgermeister des zentralen V. Budapester Bezirks] und seine Rassengenossen (fajtája) mich deswegen Nazi schimpfen,  wenn sie wüssten, dass diese Engelsbotschaft aus dem Evangelium auch auf der Gürtelschnalle eines jedes Wehrmachtsoldaten stand.) Wir verkünden damit auch, dass die Gedankenwelt des Christentums Teil unseres Alltags sein muss, und so erlauben wir auch nicht, dass die Kreuze in die Kirchen eingesperrt werden [Anspielung auf Fidesz].
Mit der Mission der Kreuzaufstellungen erfüllt Jobbik seit etlichen Jahren auch eine patriotische Mission: Wir stellen apostolische Doppelkreuze auf, die auch im ungarischen Wappen zu finden sind. Denn eine der wichtigsten Kräfte, die die Nation zusammenhalten, sind gesunder Nationalismus und die Vaterlandsliebe, die wir ebenfalls nicht erlauben, aus dem öffentlichen Denken zu verdrängen.
Unsere Missionen werden in vielen Gemeinden von der politischen Führung nicht genehmigt. Sie bemühen sich, das Kreuz zum verbotenen Symbol zu erklären, oder seine Aufstellung im öffentlichen Raum zumindest zu verhindern, „wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit; denen aber, die berufen sind, Juden und Griechen, predigen wir Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit.“ (1Kor 1,23-24)

Dann führt er den Pfeilkreuzler-Schriftsteller József Nyirő an, der in seinem Jesus-Drama „Der Gekreuzigte“ von 1948

„das durch Trianon unschuldig zum Tode verurteilte Ungarn mit der Passion Christi assoziiert“. (Jobbik-Portal Alfahír)

Dass auf Jobbik-Veranstaltungen Geistliche der „historischen“ ungarischen Kirchen auftreten, ist nichts Neues; der pensionierte reformierte Bischof und  Brigadegeneral Tamás Csuka, der heute laut Ankündigung zwei Kreuze in der Budapester Innenstadt weihte, segnete 2007 bei der ersten Vereidigung der Ungarischen Garde die Árpádenfahne. Das brachte ihm lediglich eine Rüge der Kirchenleitung ein.


(Csuka 2007 bei der Segnung der Ungarischen Garde, Magyar Narancs)

Jobbik-Adventskreuze 2013

(wird ggf. ergänzt)

Budapest
Budapest Blaha Lujza tér und Oktogon, mit Tamás Csuka.
Móric Zsigmond körtér (Video) Ökumenische Veranstaltung mit dem katholischen Pfarrer und Zisterzienserpater Ipoly Zsolt Urr und dem reformierten Pastor Lóránt Hegedüs jun.

III. Bezirk Óbuda: Flórián und Békásmegyér, mit Lóránt Hegedüs jun. (Video) Dort gab es Probleme mit der Genehmigung.

XVII. Bezirk Rákoskeresztúr.

Debrecen
mit dem reformierten Pfarrer László Mohácsi und der Ungarischen Garde.

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Hajdúszoboszló – mit Miklós Zolcsák, griechisch orthodoxer Pfarrer.

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Komárom

Jobbik-Stadtrat Miklós Michl: „Wir warten auf die Ankunft unseres Herrn, des Erlösers der Welt, aber nicht auf den Messias, auf den warten die Juden (…) Unser von Gott so heiss geliebtes magyarisches Volk bereitet sich in diesen vier Wochen auf besondere Weise auf die Nacht des 24. Dezembers vor, in welcher das Licht, aufgrund des ewigen göttlichen Gesetzes (…) jedes Jahr aufs Neue die Dunkelheit besiegt, und an Ostern die Auferstehung bringt. (…)“ (Video)

Köszeg (mit Video)

Nagykanizsa
in Vorbereitung. (Quelle)

Nyíregyháza (szon.hu)

Szeged Innenstadt (Quelle)

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Szeged/Kiskundorozsma – geweiht vom katholischen Pfarrer Ferdinánd Gordos (szeged.ma).

Székesfehérvár
Mit Loránt Hegedűs jun. („Wir müssen um jeden Preis unser Vaterland retten, für das unsere Ahnen jahrhundertelang ihr Blut gegeben haben.“) und Gattin, der Parlamentsabgeordneten, mit der Ungarischen Garde.

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Szomód
Mit dem reformierten Pfarrer László Csákai. (Video)

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Tata (Video)

4 Kommentare leave one →
  1. Kristof Steichert permalink
    2. Dezember 2013 22:04

    Was möchte uns der Autor mit diesem Beitrag sagen? Dass es in Ungarn noch Menschen gibt, die ihren christlichen Glauben ernst nehmen, die sich der ungarischen Geschichte, ihren Irrungen und Wirrungen bewusst sind und die darauf hoffen, dass Ungerechtigkeiten nicht dauerhaft auf dieser Welt existieren können?

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