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US-Historiker Randolph L. Braham gibt ungarischen Verdienstorden zurück

26. Januar 2014

Der US-Historiker Randolph L. Braham, die internationale Koryphäe für den ungarischen Holocaust, hat als Reaktion auf die Geschichtsfälschungen der ungarischen Regierung (vgl. letzte Posts) seinen 2011 verliehenen ungarischen Verdienstorden zurückgegeben und dem Budapester Holocaust-Gedenkzentrum untersagt, weiter seinen Namen zu verwenden.

Zeit.de: US-Historiker Braham gibt ungarische Auszeichnung zurück:

Budapest (AFP) Aus Verärgerung über eine „fortgesetzte Geschichtsklitterung“ durch die derzeitige ungarische Regierung hat der US-Historiker Randolph Braham die Rückgabe einer Auszeichnung durch Budapest angekündigt. Die „Kampagne“ zur Fälschung der ungarischen Geschichte mit dem Ziel, die Mitverantwortung für den Holocaust unter der Führung von Miklos Horthy weißzuwaschen, schockiere ihn, schrieb Braham am Sonntag an die ungarische Nachrichtenagentur MTI. Daher werde er die 2011 überreichte Auszeichnung für seine Forschungen zum Holocaust zurückgeben.

Es ist nicht der erste Verdienstorden, den die ungarische Regierung wegen ihrer Rehabilitierung der Horthy-Ära zurückbekommt, so bereits 2012 den von Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel.

Braham geht jedoch noch weiter – das Budapester Holocaust-Gedenkzentrum wird sein nach ihm benanntes Informationszentrum umbenennen müssen, da er seinen Namen zurückgezogen hat.

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(Braham 2011 mit Verdienstkreuz und dem stellvertretenden Staatssekretär János Hóvári, Quelle Regierungsseite)

Offener Brief von Randolph L. Braham

(Übersetzung PR nach der ungarischen Version; englisch bei Hungarian Spectrum.)

26. Januar 2014

An Herrn Prof. Dr. György Haraszti, den Vorsitzenden des Kuratoriums
An Herrn Direktor Dr. Szabolcs Szita
Holocaust Gedenkzentrum
Páva utca 39
H-1049 Budapest

Lieber György und Szabolcs,

ich wende mich mit der Bitte an Euch, meinen Namen von der Brahamthek
und dem  Informationszentrum des Holocaust-Gedenkzentrums zu entfernen.  Diese Entscheidung habe ich schweren Herzens getroffen, nachdem ich die neusten Entwicklungen in Ungarn mit großer Besorgnis verfolgt habe. Ich – und mit Sicherheit auch Andere – bin entsetzt über die Geschichtsfälschungskampagne der letzten Jahre, deren Ziel die  Reinwaschung der Horthy-Ära ist. Darunter zähle ich auch die Verfassungsänderung, durch die die später verabschiedeten unglücklichen Maßnahmen „gesetzlich legitimiert” wurden, mit denen man Ungarn von der Verantwortung an der aktiven Rolle  freisprechen will, die es bei der Vernichtung von fast 600 000 Bürgern jüdischen Glaubens spielte. Den letzten Ausschlag für meine Entscheidung gab die Entscheidung der Regierung, ein nationales Denkmal der deutschen Besatzung zu errichten. Dies halte ich für einen feigen Versuch, die Aufmerksamkeit von der Rolle des Horthy-Systems bei der Vernichtung der Juden abzulenken, und den Holocaust mit dem „Leiden“ der Magyaren durch die deutsche Besatzung zu vermischen, während die historischen Fakten beweisen, dass (die Deutschen in Ungarn) statt mit Widerstand vielmehr mit allgemeinem Applaus empfangen wurden.

Ich verstehe, dass die Leitung des Holocaust-Gedenkzentrums gegen diesen unverschämten geschichtsfälschenden Kurs aus diversen politischen und wirtschaftlichen Gründen nicht das Wort erheben kann oder will.  Aber als Überlebender – dessen Eltern und viele Familienmitglieder sich ebenfalls unter den Hunderttausenden ermordeten Juden befanden – kann ich nicht schweigen,  und besonders deshalb nicht, weil es mein Schicksal war,  den Großteil meines Lebens der Bewahrung und Vermittlung der historischen Fakten des Holocaust zu weihen.

Hiermit sende ich auch das Mittelkreuz des Ungarischen Verdienstkreuzes zurück, zusammen mit der von Staatspräsident Pál Schmitt unterzeichneten Urkunde, mit der Bitte, diese an die zuständigen ungarischen Behörden weiterzuleiten.

Randolph L. Braham
Graduate Center of the City University of New York

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