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Rassistische Richterin löst Jobbik-Bürgerwehr nicht auf

25. April 2014

Die Bürgerwehr “Magyarische Selbstverteidigung für eine schönere Zukunft“,  Nachfolgeorganisation der verbotenen Ungarischen Garde, wird nicht aufgelöst, entschied eine Richterin in Gyula. Ihre Urteilsbegründung ist eine rassistische Tirade gegen Roma. Das Urteil macht die kontinuierliche Zusammenarbeit von Jobbik und Bürgerwehr rechtlich wieder unbedenklich; im ungarischen Wahlkampf trat man wieder offen gemeinsam auf.

Die Jobbik-Bürgerwehr “Bürgerwehrverein für eine schönere Zukunft” (SZJPE), 2013 umbenannt in “Magyarische Selbstverteidigung für eine schönere Zukunft“ (Szebb Jövőért Magyar Önvédelem), Nachfolgeorganisation der verbotenen Ungarischen Garde, wird nicht aufgelöst, entschied Richterin Erika Mucsi in Gyula wie bereits 2012, siehe Post Zwei fatale Urteile: Jobbik-Bürgerwehr wird nicht aufgelöst, hohe Haftstrafen für Roma wegen “Gewalt gegen Magyaren”, 28. Juli 2012 und Hungarian Spectrum; zu ihren aktuellen Aktivitäten s. Monitoringportal Athena Institut.

Bereits 2012 hatte die Staatsanwaltschaft des Komitates Békés beim Gericht von Gyula die Auflösung der Bürgerwehr beantragt; mit ihren Aktivitäten in Gyöngyöspata (vgl. Post Rechtsextreme “Bürgerwehr” terrorisiert Roma, 13. März 2011) und Hajdúhadház 2011 hätten sie gegen Minderheiten- und Menschenrechte verstoßen. Richterin Erika Mucsi hatte den Antrag damals u.A. deshalb abgelehnt, weil entsprechende Aktivitäten der Bürgerwehr in Gyöngyöspata und Hajdúhadház im März und April 2011 „nicht erwiesen seien“.

Den jetzigen Antrag begründete die Staatsanwaltschaft in Verweis auf das Gardeverbot 2009 mit Verfassungswidrigkeit, sowie mit Verstößen gegen die Menschenwürde der Roma und gegen das Vereinsgesetz.


(444.hu)

In ihrer abschlägigen Urteilsbegründung argumentiert die Richterin folgendermaßen (Index):

„Das Spazierengehen (sic) im öffentlichen Raum“ sei nur in außergewöhnlichen Fällen zu beschränken, und das Aufmarschieren in Zigeunersiedlungen (sic) gehöre nicht dazu. Außerdem sei

„die Kategorie  »Zigeuner« (…) nicht in erster Linie rassisch (sic, ohne Anführungszeichen) zu verstehen, sondern als Lebensform einer Gruppe, die unabhängig von ihrer rassischen Zugehörigkeit (dito) abgesondert lebt, die traditionellen Werte der Mehrheitsgesellschaft und auch die vom (…) Gesetz geschützten Werte missachtet und einer moralischen Auffassung folgt, die für Arbeitsscheu und Missachtung des Privateigentums und der Normen des Zusammenlebens steht.“

Wie bereits 2012 wird argumentiert, eine aktive Beteiligung der Bürgerwehr an den Vorfällen in Gyöngyöspata 2011 sei nicht erwiesen,  weil damals auch andere rechtsextreme Organisationen aufmarschiert seien. Zudem seien die von der Anklage aufgeführten Ausschreitungen gegen Roma in erster Linie Jobbik zuzuschreiben und nicht der Bürgerwehr.




(Mitglieder der Bürgerwehr in Gyöngyöspata 2011)

Patrouillen in Uniform und militärischer Formation, die auf Anwohner zugegebenermassen  bedrohlich wirken könnten, seien jedoch vom Versammlungsrecht geschützt. Gemäß des Rechtes auf freie Meinungsäußerung dürften Roma als „Ungeziefer, Ratten, Satensbrut“ bezeichnet werden.

Die von der Staatsanwaltschaft als Beweismittel angeführten Berichte rechtsextremer Portale über die rassistischen Aktivitäten der paramilitärischen Gruppe wertete die Richterin als Belege für die Ängste der magyarischen Bevölkerung.

Weiter heißt es in der Begründung:

„Eine nicht zu verschweigende Tatsache ist (…) der hohe Anteil an Zigeunern unter den Straftätern. Obwohl die Gruppen der Zigeuner und der Straftäter nicht identisch sind, (…) ist durch ihre Überschneidungen eine Grundlage gegeben, diese Anomalien mit dem Begriff „Zigeunerkriminalität“ zu bezeichnen.“

Im Verfahren kam auch zur Sprache, dass die Bürgerwehr gesetzeswidrig Jobbik-Veranstaltungen sichert. Beziehungen zwischen Partei und Bürgerwehr sah das Gericht jedoch nicht als erwiesen an.

Menschenrechtsgruppen protestieren, die Staatsanwaltschaft geht in Berufung.

Cink.hu kommentiert: „Wenn Jobbik irgendwann an die Macht kommt, gibt es hier schonmal eine Kandidatin für den Posten der Justizministerin.“

Mit ihrer rassistischen Einstellung ist Richterin Erika Mucsi kein Einzelfall; Roma, die sich gegen rechtsextreme Übergriffe wehrten, wurden in der Vergangenheit wegen „rassistischer Gewalt gegen Magyaren“  wesentlich schwerer bestraft als rechtsextreme Gewalttäter, vgl. Rassismusparagraph: Wieder Haftstrafen für Roma 10. Mai 2013, Ungarische Polizei erlaubt “friedliches” Steinewerfen, 5. Oktober 2013.

*

Der Bürgerwehrverein wurde im April 2010 vom ehemaligen Gardekommandanten im Komitat Békés, Attila László gegründet, siehe Post Verbotene Garde wird zur legalen Bürgerwehr, 23. Juni 2010.

2010 hatte er für Jobbik kandidiert, die Kandidatur jedoch wegen eines laufenden Strafverfahrens zurückgezogen. (Er hatte bei einer Personenkontrolle die Uniform der verbotenen Ungarischen Garde getragen, origo)

Sein Verein ist als gemeinnützig eingetragen, ungarische Bürger können ihn mit 1% ihrer Einkommenssteuer unterstützen.

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(Vereinsseite)

Die diversen Nachfolgeorganisationen der verbotenen Ungarischen Garde marschieren alljährlich zu ihrem Gründungsjubiläum legal auf dem Budapester Heldenplatz auf, s. Posts von 2012 und 2013.

(2013, Index)

Mit Jobbik aufmarschieren

Das Urteil von Ende März macht die kontinuierliche gute Zusammenarbeit von Jobbik und der Bürgerwehr rechtlich wieder unbedenklich; im ungarischen Wahlkampf trat man wieder offen gemeinsam auf, s. Wahlveranstaltung („Bürgerforum“) von Jobbik und Bürgerwehr Anfang April in Hajdúbagos:

Hajdúbagosi plakát

Am 26.4. werden auf dem Marktplatz von Tiszafüred der Jobbik-Abgeordnete György Gyula Zagyva, der Bürgerwehr-Vorsitzende Attila László, Zsolt Tyirityán, der Vorsitzende der Betyársereg (auf deren Webseite sich anlässlich des 20.4. eine Ode an Adolf Hitler fand) und ihre Anhänger unter dem Motto „Große ORDNUNG im ländlichen Raum“ dem zukünftigen Jobbik-Abgeordneten einen würdigen Einstand bieten. Auch die Jugendbewegung der 64 Burgkomitate HVIM hat sich seither angeschlossen.

tiszafüred

Update 27.4.2014: Fotos vom gestrigen Aufmarsch in Tiszafüred, alles ganz legal (Hetzportal kuruc.info):

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